Der Hauptmann von Köpenick

- eine Auseinandersetzung mit Carl Zuckmayers Theaterstück im Darstellenden SpielWilhelm Voigt: "Das mit de schiefe Bahn. Da hamse janz recht. Det is, wie wenn se ne Laus uff ne Glasscheibe setzen. Da kannse nu krabbeln und krabbeln und rutscht ejal immer wieder runter." 1980 wurde an der Werner-von-Siemens-Oberschule die Geschichte des Hochstaplers Wilhelm Voigt gestaltet, jener ärmlichen Existenz, die als Gegenfigur zu Werner von Siemens, dem Namenspatron der Schule, gesehen werden kann. Für Werner von Siemens, den soliden Gutspächtersohn war nach Privatunterricht und Gymnasialausbildung des Königs Rock, der dem Schuster Voigt verwehrt blieb, die entscheidende Sprosse in der Karriereleiter zum Aufbau seines Weltunternehmens. Für mich als schauspielenden Gymnasiasten war diese Theaterarbeit eine persönliche Annäherung an das Unbekannte, die in Nikolassee weitgehend übersehene Schattenseite des Lebens, an die menschverachtende Bürokratie und die militaristische Variante des Preußentums. Im musischen und fächerübergreifenden Freiraum der eher naturwissenschaftlich ausgerichteten Schule wurden die Konfrontationen mit dem Stoff und den Realisierenden zur wichtigen Selbst- und Gruppenerfahrung. Durch die engagierten Impulse von Frau Dr. Kabisch blieb die schulische Aufführung kein singuläres Ereignis, für viele Schüler wurde das Theater zum Weggefährten ihrer späteren Unternehmungen, so blieben einige Ehemalige als freie Theatergruppe Chamäleon noch über zehn Jahre zusammen auf den Brettern, die die Welt deuten und bedeuten. Das Theater produziert, wie die Malerei, die Musik und die Dichtung, selbst eine Gegenwart, so daß die Vergleichung beider Welten Erfahrungs- und Erkenntnisprozesse erzeugt.Wolf-Henning Kusber (Abi 80)